Südkorea wegen Beteiligung an Massaker verurteilt

Das Zentrale Bezirksgericht in Seoul hat die südkoreanische Regierung zu einer Entschädigungszahlung von 30 Millionen Won (23.900 US-Dollar) an die Überlebende eines Massakers im Vietnamkrieg verurteilt. Die Vietnamesin hatte ein Massaker südkoreanischer Marines an Zivilistinnen und Zivilisten im Vietnamkrieg überlebt.

Das Gericht ordnete außerdem an, dass die Regierung Zinsen für den über 5 Jahrzehnte verhinderten und verschleppten Prozess bezahlen muss. Des Weiteren muss die Regierung die Gerichts- und Anwaltskosten der Klägerin übernehmen.

Südkoreas Beteiligung am Vietnamkrieg

Nach den USA stellte Südkorea das zweitgrößte Truppenkontingent im Vietnamkrieg. Der Vietnamkrieg ging aus dem antikolonialen Befreiungskrieg der Völker des ehemaligen französischen Kolonialgebiets Indochina hervor. Nachdem die Völker Indochinas die ehemalige Kolonialmacht Frankreich besiegt hatten, intervenierten die USA an der Spitze einer Koalition im Vietnamkrieg. Ziel war es das Marionettenregime im Süden Vietnams gegen die antikoloniale Bewegung zu verteidigen.

Die Folgen dieses verbrecherischen Krieges gegen die Völker Indochinas sind bis heute spürbar. Der Boden insbesondere in Vietnam wurde durch den Einsatz von Agent Orange verseucht und richtet riesige Umweltschäden an. Das in Agent Orange enthaltene Dioxin verursacht bis heute Krebskrankheiten, psychischen und genetischen Schäden. Auf Grund des Langlebigkeit des Stoffes werden auch zukünftige Generationen noch darunter zu leiden haben. Auf Vietnam wurde die zwei- bis dreifache Menge an Bombenmunition abgeworfen gegenüber dem gesamten zweiten Weltkrieg.

Die eingesetzten Bodentruppen begingen zahlreiche Massaker an der vietnamesischen Zivilbevölkerung. Eines der bekanntesten ist das My Lai Massaker bei dem US-amerikanische Soldaten mehr als 500 Zivilistinnen und Zivilisten, vor allem Freuen, Greise und Kinder, ermordeten. Weniger bekannt ist, dass auch das südkoreanische Militär zahlreiche Verbrechen in Vietnam beging.

Massaker von Phong Nhi und Phong Nat

Nguyen Thi Thanh überlebte ein Massaker südkoreanischer Soldaten im Februar 1968 in dem Dorf Phong Nhi in Zentralvietnam. Südkoreanische Soldaten trieben die Familie der 63-jährigen Frau aus ihrem Haus und erschossen sie. Die damals 8‑Jährige und ihr 14-jähriger Bruder wurden durch die Schüsse schwerverletzt. Sie überlebte dank einer Operation, leidet aber bis heute an den Folgen der Schussverletzung. Untersuchungen der US-amerikanischen Armee belegen, dass in den beiden Dörfern Phong Nhi und Phong Nat damals mehr als 70 Menschen ermordet wurden.

Die südkoreanischer Regierung wies vor Gericht jede Verantwortung für das Massaker zurück. Die Regierung behauptete, dass nicht nachweisbar wäre, dass südkoreanische Soldaten dafür verantwortlich gewesen wären. Sie versuchten eine Täter Opfer Umkehr, in dem sie behaupteten, Kämpfer der Vietminh hätten die Verbrechen in südkoreanischen Uniformen begangen.

Aufarbeitung und Prozess

Öffentliche Diskussionen über südkoreanische Verbrechen im Vietnamkrieg begannen erst Jahrzehnte nach den Verbrechen. 1999 wurden erste Vorwürfe gegen das südkoreanische Militär publik. Nguyen Thi Thanh reichte im April 2020 Klage gegen die südkoreanische Regierung ein.

Das Bezirksgericht sah nicht nur die Verantwortung Südkoreas für das Massaker als erwiesen an, es wies die Behauptung der südkoreanischen Regierung zurück, dass Nguyen Thi Thanh nicht berechtigt wäre gegen die Regierung zu klagen. Die Regierung versuchte das einerseits damit zu begründen, dass nach koreanischen Recht nur bis fünf Jahre nach einem Ereignisse Klage erhoben eingereicht werden kann. Andererseits argumentierte die Regierung, dass es eine Klage nicht möglich wäre wegen eines trilateralen Abkommens zwischen den USA, Vietnam und Südkorea, wonach eine vietnamesische Person die südkoreanische Regierung nicht verklagen kann. Das Gericht demgegenüber, dass die Vietnamesin innerhalb der fünfjährigen Frist gar keine Möglichkeit gehabt hätte den Staat zu klagen.

Das südkoreanische Verteidigungsministerium deutete an gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen. Nguyen nahm am Prozess nicht teil, sie selbst verweilte in Vietnam. Gegenüber Journalisten äußerte sie sich in einem Video Call erfreut über den Ausgang des Prozesses und hofft, dass die „74 Opfer des Massakers in Frieden ruhen können“.

Quelle: The Korea Herald

 

Quelle: Zeitung der Arbeit